Krank – und doch gesund: die Welt der Psychosomatik
Du hast körperliche Beschwerden, warst deshalb schon öfters beim Arzt – mit dem Ergebnis, dass keine organische Ursache zu finden ist? In Folge wurden diverse Untersuchungen veranlasst, bei denen auch keine körperliche Krankheit diagnostiziert werden konnte? Krank - und doch gesund: willkommen in der Welt der Psychosomatik.
In der modernen Medizin ist bekannt, dass unser Körper und Geist eng miteinander verbunden sind. Es wird immer deutlicher, dass unsere psychische Gesundheit einen großen Einfluss auf unseren körperlichen Zustand haben kann. Das Phänomen, wenn sich nichts Körperliches bzw. Organisches finden lässt, wird als Psychosomatik bezeichnet - und sie spielt eine wichtige Rolle in der ganzheitlichen Betrachtung von Gesundheit und Wohlbefinden. Der Schlüssel zur Psychosomatik liegt in der ganzheitlichen Betrachtung von Gesundheit und Wohlbefinden oder anders gesagt: dem Wechselspiel zwischen Körper und Seele.
Was bedeutet Psychosomatik?
Die Psychosomatik untersucht die Wechselwirkungen zwischen unseren psychischen und körperlichen Zuständen. Es wird davon ausgegangen, dass unsere Gedanken, Gefühle und Emotionen einen direkten Einfluss auf unseren Körper haben und somatische (körperliche) Symptome aus psychischen Ursachen entstehen können. Ich finde es wichtig zu betonen, dass dies nicht bedeutet, dass die Symptome "nur in unserem Kopf" sind oder dass es sich um eingebildete Beschwerden handelt – die Beschwerden sind durchaus real und vorhanden, ich weiß, wovon die Rede ist. Doch inzwischen wird anerkannt, dass psychische Faktoren eine echte und komplexe Rolle in der Entstehung und Aufrechterhaltung von körperlichen Symptomen spielen können.
Die Geschichte der Psychosomatik
Die Geschichte der Psychosomatik ist eng mit der Entwicklung der Medizin und der Psychologie verbunden. Schon in der Antike wurden Zusammenhänge zwischen emotionalen und körperlichen Beschwerden erkannt. Hippokrates, ein griechischer Arzt, betonte bereits im 5. Jahrhundert vor Christus die Bedeutung von psychischen Faktoren bei der Entstehung von Krankheiten.
Im Laufe der Geschichte gab es jedoch Phasen, in denen psychische und körperliche Aspekte der Gesundheit getrennt betrachtet wurden. Während des 19. Jahrhunderts lag der Schwerpunkt der Medizin vor allem auf der Pathologie, der Krankheitslehre: die Entdeckung von körperlichen Ursachen von Krankheiten, während psychologische Faktoren als weniger bedeutsam betrachtet wurden.
Erst im 20. Jahrhundert entstand die Psychosomatik als interdisziplinäres Fachgebiet - die Einbeziehung unterschiedlicher Methoden und Denkweisen verschiedener medizinischer Fachrichtungen. In den 1920er Jahren führte der österreichische Arzt Georg Groddeck den Begriff "Psychosomatik" ein, um die Wechselwirkungen zwischen psychischen und körperlichen Faktoren bei der Entstehung von Krankheiten zu beschreiben. Er betonte die Bedeutung unbewusster psychischer Prozesse und Emotionen bei der Entwicklung von körperlichen Beschwerden.
In den 1930er Jahren entwickelte der deutsche Arzt Franz Alexander das Konzept der "funktionellen Störungen", bei denen körperliche Symptome auf unbewusste psychische Konflikte zurückgeführt werden. Alexander betonte schon damals, dass emotionale Faktoren wie Stress, Angst und traumatische Erfahrungen körperliche Symptome auslösen können. Spannend, oder nicht?
Während des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Psychosomatik weiter und wurde zu einem anerkannten Fachgebiet in der Medizin. In den 1940er Jahren wurden erste psychosomatische Kliniken gegründet, um Patienten mit chronischen körperlichen Beschwerden zu behandeln, bei denen keine eindeutige organische Ursache gefunden wurde. In den folgenden Jahrzehnten wurden verschiedene Theorien und Modelle entwickelt, um die Zusammenhänge zwischen psychischen und körperlichen Faktoren bei der Entstehung von Krankheiten zu verstehen.
Heute endlich wird die Psychosomatik als ein wichtiger Ansatz in der Medizin und der psychologischen Therapie betrachtet. Der Trend geht immer häufiger weg von "Pathologie", der Krankheitsbetrachung bzw. der Lehre von "Leiden und Erdulden" hin in Richtung "Salutogenese", also die Entstehung von Gesundheit.
Psychosomatische Erkrankungen
Es gibt eine Vielzahl von Erkrankungen, bei denen psychische Faktoren eine Rolle spielen können. Hier sind einige der bekanntesten psychosomatischen Erkrankungen - vielleicht kommt dir die ein oder andere bekannt vor, weil du selbst betroffen bist oder jemand, den du kennst:
- Reizdarmsyndrom: Das Reizdarmsyndrom ist eine chronische Erkrankung des Verdauungssystems, bei der es zu Symptomen wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung kommt. Stress, Angst und psychische Belastungen können als Auslöser oder Verstärker von Reizdarmsymptomen wirken.
- Spannungskopfschmerz und Migräne: Spannungskopfschmerzen und Migräne sind häufig auftretende Formen von Kopfschmerzen, die durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden können, darunter auch psychische Belastungen, Stress oder emotionale Probleme.
- Fibromyalgiesyndrom: Das Fibromyalgiesyndrom ist eine chronische Schmerzerkrankung, bei der es zu weit verbreiteten Muskel- und Gelenkschmerzen sowie anderen Symptomen wie Müdigkeit, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen kommt. Psychische Faktoren wie Stress, Angst oder traumatische Erfahrungen können das Risiko für die Entwicklung von Fibromyalgie erhöhen.
- Somatoforme Störungen: Somatoforme Störungen sind psychische Erkrankungen, bei denen körperliche Symptome auftreten, für die keine organische Ursache gefunden werden kann.
- Ekzeme, Neurodermitis und Psoriasis: Hauterkrankungen können psychosomatische Ursachen haben oder durch psychische Faktoren wie Stress, Angst oder Depressionen verschlimmert werden.
Hinter jedem der unter den Erkrankungen aufgeführten Sypmtome können auch ernsthafte Erkrankungen stehen - deswegen ist auf jeden Fall eine medizinische Diagnose erforderlich, um eine organische Erkrankung auszuschliessen.
Behandlung von psychosomatischen Erkrankungen - Übersicht
Steht nach umfassender Diagnostik fest, dass es sich um eine psychosomatische Erkrankung handelt, werden bei der Behandlung sowohl die psychischen als auch die körperlichen Symptome betrachtet.
Die Behandlung kann verschiedene Ansätze beinhalten, wie zum Beispiel:
- Psychotherapie: Eine psychotherapeutische Behandlung, wie zum Beispiel kognitive Verhaltenstherapie, kann helfen, die zugrunde liegenden psychischen Faktoren zu identifizieren und zu behandeln. Dies kann dazu beitragen, Stress abzubauen, emotionale Belastungen zu bewältigen und das Wohlbefinden zu verbessern.
- Medikamentöse Therapie: In einigen Fällen können Medikamente eingesetzt werden, um die psychischen und/ oder körperlichen Symptome zu lindern. Die medikamentöse Behandlung sollte jedoch sorgfältig von einem medizinischen Fachmann überwacht werden.
- Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, Yoga oder Meditation können helfen, Stress abzubauen und das psychische Wohlbefinden zu verbessern, was sich positiv auf den Körper auswirken kann.
- Veränderungen im Lebensstil: Eine gesunde Lebensweise, wie ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf, regelmäßige körperliche Aktivität und der Umgang mit Stress, können dazu beitragen, sowohl psychische als auch körperliche Gesundheit zu verbessern.
- Interdisziplinäre Behandlung: In einigen Fällen kann eine Zusammenarbeit von verschiedenen Fachleuten, wie Ärzten, Psychologen, Physiotherapeuten und Ernährungsberatern, erforderlich sein, um psychosomatische Erkrankungen umfassend zu behandeln.
Psychotherapeutiche Behandlung
Psychische Faktoren spielen oft eine Schlüsselrolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung dieser Erkrankungen – deswegen spricht man auch von der „Macht der Gedanken“. Es geht darum, die Signale des eigenen Körpers zu verstehen und den Körper gezielt zu beeinflussen, also den Fokus "weg vom Symptom" zu lenken. Es gibt mehrere Ansätze in der psychotherapeutischen Behandlung, zum Beispiel:
Kognitive Verhaltenstherapie
Die kognitive Verhaltenstherapie konzentriert sich darauf, ungesunde Denkmuster und Verhaltensweisen zu identifizieren und zu ändern, um eine Verbesserung der psychischen Gesundheit und der körperlichen Symptome zu erreichen. Techniken wie kognitive Umstrukturierung, Problemlösungsfähigkeiten und Entspannungstechniken können Teil der Behandlung sein.
Mind-Body-Therapien
Diese Therapieansätze betonen die Verbindung zwischen Körper und Geist und können Techniken wie Achtsamkeit, Meditation, Yoga oder Entspannungstechniken umfassen. Es geht darum, Stress abzubauen, die emotionale Regulation zu verbessern und das körperliche Wohlbefinden zu fördern.
Psychoedukation
Es ist leichter, einen Umgang mit etwas zu finden, wenn du verstehen kannst, was dahinter steckt. Die Psychoedukation beinhaltet die Vermittlung von Wissen über psychosomatische Erkrankungen, einschließlich der Zusammenhänge zwischen psychischen und körperlichen Symptomen sowie die Förderung von Selbstmanagementfähigkeiten, um mit den Symptomen umzugehen und den Umgang mit Stress zu verbessern.
Entspannungstherapie
Die Entspannungstherapie zielt darauf ab, Stress abzubauen, körperliche Entspannung zu fördern und emotionales Wohlbefinden zu verbessern. Sie basiert auf der Erkenntnis, dass psychischer Stress zu verschiedenen psychosomatischen Beschwerden führen kann und dass Entspannungstechniken helfen können, diese Symptome zu reduzieren oder zu lindern. Hier einige Beispiele, die zum Teil auch in meiner Praxis zum Einsatz kommen:
Progressive Muskelentspannung:
Bei dieser Technik werden bestimmte Muskelgruppen nacheinander angespannt und dann wieder entspannt, um körperliche Spannung abzubauen und eine tiefe Entspannung zu erreichen.
Atementspannung
Diese Technik konzentriert sich auf die bewusste Kontrolle des Atems, um Entspannung und Stressabbau zu fördern. Durch langsames und bewusstes Atmen können Spannungen im Körper reduziert werden.
Imaginations- oder Vorstellungstechniken
Hierbei werden mentale Bilder und Vorstellungen verwendet, um eine entspannte und angenehme Atmosphäre zu schaffen und Stress abzubauen. Zum Beispiel können geführte Vorstellungen von einem ruhigen Ort oder einer angenehmen Situation sowie Phantasiereisen verwendet werden, um Entspannung zu fördern.
Klangschalenreise, Klangschalenmassage
Klangschalen sind ein beliebtes Werkzeug zur Entspannung und Stressreduktion. Die Anwendung von Klangschalen zur Entspannung erfolgt durch sanftes Anschlagen der Schale mit einem Schlegel. Dabei erzeugt die Schale harmonische Klänge und Schwingungen, die als angenehm und beruhigend empfunden werden können. Die Klänge und Vibrationen der Klangschalen können auf verschiedenen Ebenen wirken - physisch, emotional, mental und spirituell - und werden oft als tief entspannend, stressreduzierend und harmonisierend empfunden.
Human Therapy
Human Therapy® ist eine anerkannte, eigenständige alternative Gesundheitstherapie. Mit einer Kombination aus Mentaltechniken und einer manuellen Körper-Punkt-Aktivierung werden Körper und Psyche auf sanfte und einfache Art und Weise wieder in Balance gebracht.
Fazit
Die Psychosomatik ist ein hochinteressantes, faszinierendes Feld, das die Wechselwirkungen zwischen unserem Körper und Geist erforscht. Heute ist klar, dass psychische Faktoren eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von körperlichen Symptomen spielen können. Die ganzheitliche Betrachtung von Gesundheit und Wohlbefinden, bei der sowohl die psychischen als auch die körperlichen Aspekte berücksichtigt werden, ist entscheidend für eine umfassende Behandlung von psychosomatischen Erkrankungen. Eine individuell angepasste Behandlung, die verschiedene Ansätze integriert, kann dazu beitragen, dein Wohlbefinden zu verbessern und dir zu einem gesünderen Leben zu verhelfen.
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Ein guter Überblick über die Behandlungsmöglichkeiten – und dass es nicht immer Medikamente sein müssen. Ich merke meine Neurodermitis sofort bei Stress. Ich kann nur bestätigen, dass Atemübungen mir helfen, mein Stressgefühl zu reduzieren.
Das ist eine schöne Rückmeldung, danke dass du deine Erfahrung teilst.